Die Stepke's
im Lauf der letzten 400 Jahre
Leben im Adlergebirge um ca 1930
Von den Menschen und ihrem Leben im Adlergebirge, um 1930
von Josef Mestan aus Bielei
Quelle: Archiv Waldkraiburg
Bearbeitet v. kurt@stepke.at, März 2020
Wenn die ersten Ansiedler wirklich Tschechen gewesen sind haben sie wahrscheinlich in Kriegswirren die Siedlung aufgegeben, die dann von Deutschen wiederbesiedelt wurde. Sicher waren diese schon eine Mischung aus verschiedenen Stämmen. Dazu kam noch ein slawischer Einschlag aus Mischehen, die früher an der Sprachgrenze recht häufig waren. Die harten Lebensbedingungen formten daraus einen Menschenschlag, mittelgroß, schlank aber sehnig, der den Umweltsbedingungen gewachsen war. Ihre Sprache war das schlesisch – glätzische, mit örtlichen Unterschieden. Besonderes Merkmal der Mundart unseres Dorfes war das breitgesprochene ai wie bei Maidla, Klaidla, Flaisch, Bain, Saicher[1] usw. Oder das a als Wortendung bei hiewa, diewa, uwa, onda, henda, vanna[2] usw, auch bei Verkleinerungen wie Franzla, Ka(r)la, Minla, Tinla, oder Kendrla, Fengrla, Dernla usw.
Zur Vertreibung wurde die Mundart von Alt und Jung noch gesprochen. Mancher ABC- Schütze hat hochdeutsch erst in der Schule gelernt.
Die Kleidung hatte sich schon der neuen Zeit angepaßt. Von der alten Tracht lag hin und wieder noch das Brautkleid der Groß- oder Urgroßmutter in einer Truhe. Zumeist war es aus pastellfarbener Seide mit Rüschen und Bauschärmeln, dazu die passende Seidenschürze und die Haube mit den Bändern. An die frühere Tracht der Männer erinnerten um die Jahrhundertwende noch ein paar grünsamtene Westen. Mit der Mode ging man aber noch nicht. Die Kleidung, die der Dorfschneider anfertigte, mußte bequem und dauerhaft sein. Selbst die Frauen und Mädchen, die sonst eher auf die Mode bedacht waren, ließen ihre Sachen bei der heimischen Schneiderin anfertigen. Die hatte aber schon Modehefte und da änderte sich bei der Weiblichkeit schon eher etwas als bei den Männern. Als Kopfbedeckung trugen Frauen und Mädchen noch ihr “Kooptichla”[3] in den verschiedensten Qualitäten, Mustern und Farben. Nur einige junge Mädchen brachten sich in letzter Zeit sonntags schon unter einen Hut. Für den Winter war neben dem Wollkopftuche der Wollschal in Mode gekommen. Als Überbleibsel der alten Tracht fühlte sich noch manches Mütterlein in der "Ketze"[4] am besten geschützt, wenn der “Polake”[5] den Schnee bei grimmiger Kälte vor sich hertrieb.
Für unsere Witterungsverhältnisse mußte auch die Fußbekleidung entsprechend sein. Derbe Schuhe oder Stiefel, vom Dorfschuster nach alter Machart angefertigt, waren das Richtige. Besonders die hohen Schaftstiefel für Männer waren Zeugen guter handwerklicher Arbeit. Die harten Schäfte haben den Schuster manchen Schweißtropfen gekostet. Die Schäfte wurden nach außen zusammengenäht. Nun mußte die Naht nach innen kommen, deshalb mußte der Schaft "umgewalkt" (gewendet) werden. Im Geiste sehe ich noch meinen Vater vor mir, der noch ein Schuster der alten Machart war, wie er schwitzte -und schimpfte- wenn ihm besonders harte Schäfte, obwohl sie schon stundenlang im Wasser eingeweicht waren, die Arbeit lang und schwer machten. Solche Schäfte hielten zwei, drei Generationen aus und bedurften nur immer wieder eines neuen Vorschuhes wenn der alte nicht mehr zum flicken taugte. Mit der fabriksmäßigen Herstellung von Schuhwerk (Bata), das dann bedeutend billiger, dafür auch weniger haltbar war, mußten sich auch die Schuster auf die neue Zeit einstellen, auf Kosten von Güte und Haltbarkeit .
Und heute? Ob Schuhwerk, Kleidung, Wasche, sie sind auf schnellen Verbrauch gearbeitet. Wer würde sich heute noch die Arbeit machen, das Schuhwerk, und da besonders die Stiefel so zu pflegen, wie man es früher getan hat? Da machte man “Schmiere” aus Inselt (Talg), Fischtran und "Room" (Ruß) vom “Roomfaßlamonne”[6]. Damit rieb man mit der Hand das Oberleder des Arbeitsschuhwerks ein, auch die Schäfte der Arbeitsstiefel.
Die Schäfte der Sonntagsstiefel wurden mit Lederlack geglänzt. Die neuen Sohlen tränkte man mit Firniß, sie hielten dann viel länger. Im Schnee mußte man sehr vorsichtig sein, die glatten Sohlen rutschten sehr leicht. In solchen Stiefeln konnte man in Kälte, Nässe und Schnee gehen, ohne daß man nasse und kalte Füße bekam. Dazu noch einen Mantel, vielleicht noch vom Vater, dessen starker Stoff noch wie neu aussah, war der Träger gegen alle Unbilden der Witterung gefeit.
So einfach und gut wie die Kleidung war auch das Essen.
Hauptnahrungsmittel waren die Erzeugnisse der eigenen Landwirtschaft: Brot, Kartoffeln, Milch, Butter, Quark und Eier. War früher zum Frühstück eine Kübersauer- oder Milchsuppe mit einem Stück trockenen Brot üblich, ist sie durchwegs schon vom Kaffee verdrängt. Zumeist war es nur ein Gebräu aus selbstgebrannter Gerste oder Roggen, dem die Zichorie die richtige Farbe gab, mit Milch und Zucker. Bohnenkaffee gab es nur zu Festzeiten oder wenn Besuch kam, manchmal auch Sonntags.
Das Brot wurde nicht nur beim Bauer, sondern auch in den meisten anderen Häusern von den Frauen selbst gebacken. Nur in wenigen kleinen Häuschen war kein Backofen eingebaut. Erst als sich nach längerer Zeit wieder ein Bäcker im Orte ansässig gemacht hatte, begann man, bei dem das Mehl gegen Brot einzutauschen. Nach der Vertreibung hat sich dann manches nach einem “Renka” (dickes Stück) hausbackenen Brotes gesehnt. Hier in der neuen Heimat war das selbst backen von Brot schon längst eingestellt. Hin und wieder sah man in einem Stück Land hinter dem Hause ein altes “Backs" (Backhaus).
Wer kennt es noch- unser Kornbrot, die großen runden Laibe, die nach 14 Tagen noch immer saftig waren?
Für die Nachkommen sei hier festgehalten, was die Frauen zum backen eines Brotes brauchten und was sie wissen mußten: da brauchte man den “Küwel” (Kübel), der unten weiter als oben war, das "Knaatscheit” (Knetscheit) aus einem Stück Holz, zum Teig kneten. Das"Taigbraatla” (Teigbrettchen) mit dem man den Teig aus dem Kübel nahm zum "auswerka" des Brotes. Die “Bruutschessln” (Brotschüsseln), aus Stroh und Streifen von Fichtenrinden geflochten, in die dann die Brotlaibe zum aufgehen kamen. Für den Backofen die"Ufagowl" (Ofengabel), die"Ufakrecke" (Ofenkrücke), die “Bruutschosse” zum Brot einschieben, für Kuchen die “Kuchenschosse”, und einen Reisigbesen, alles an langen Stielen.
War das Mehl im Kübel, setzte man “Sazerteig” zu: ein Teigrest vom letzten Backen wurde in Wasser aufgelöst und unter das Mehl gerührt.
Mit lauwarmen Wasser wurde nun ein schwacher Teig angerührt. Nach Geschmack gab man etwas Kümmel oder Salz oder auch beides hinein. Jetzt mußte der Teig richtig durchsäuern, dazu war Wärme nötig.
Bei kaltem Wetter stellte man daher den Kübel in ein Bett und deckte ihn mit einer Decke oder Federbett zu. Nach dem säuern mußte der Teig unter Zusatz von Mehl solange geknetet werden bis er die richtige Dichte hatte. Das war die erste Vorbedingung für das Gelingen zu einem guten"Gebäcke". Beim kneten mußte die Knetende, seltener der Knetende, immer um den Kübel herumgehen und aufpassen, daß sie (er) mit dem Knetscheit den Teig auch richtig durchmischte. Dann wanderte der Kübel wieder ins Bett, der Teig mußte aufgehen. Das dauerte je nach Wärme und Teigmasse 4 Stunden und mehr.
War er richtig aufgegangen, ging es an das "auswerka”: mit dem Teigbrettchen wurde soviel Teig aus dem Kübel genommen, wie für einen Laib gebraucht wurde.
Unter Zuhilfenahme von Mehl wurde der Klumpen gut durchgeknetet, zu einem runden Laib geformt und in die mit Mehl ausgestreute Brotschüssel gelegt. Mittlerweile war auch der Backofen angeheizt worden. Mit der zweizinkigen Ofengabel wurden die langen Fichtenholzscheite im Backofen im Viereck gestapelt und mit Schürholzbündeln, die man brennend darunter schob zum brennen gebracht. Sobald das Holz zu Kohlen verbrannt war, wurden sie mit der Ofenkrucke zerkleinert und gleichmäßig über die ganze Ofenfläche verteilt, damit er gleichmäßig heiß wurde. Das war Bedingung damit das Brot überall gleichmäßig backen konnte. Waren die Kohlen schwarz, wurden sie mit der Ofenkrücke an den vorderen Rand des Ofens gezogen und dann die ganze Fläche mit dem Reisigbesen sauber gefegt. Unterdessen war auch das Brot fertig zum einschieben. Die Laibe waren noch mit einem “Flederwisch” (Gänseflügel) mit Wasser bestrichen worden.
Mit “Good verleih Glecke” (Gott verleih Gück) wurde der erste Laib auf die Schosse gelegt und in den Ofen geschoben. Die Anzahl der Brote richtete sich nach der Größe des Ofens. In meinem Elternhause fasste er zwölf.
Die Hausfrau mußte jetzt immer wieder nachsehen, ob das Brot auch richtig bäckt. Wurde es oben zu rasch braun, hatte es zuviel Oberhitze – sie mußte ein oder zwei Zuglöcher zum Kamin öffnen damit die Hitze besser abziehen konnte. Nach etwa 2 Stunden war das Brot “ogebacka”. Mit der Schosse wurde es aus dem Ofen genommen – und gleich verbreitete sich durch das ganze Haus der herrliche Geruch des frischen Brotes. Es wurde auf Bretter gelegt und mußte erst einmal auskühlen. Man bestrich das heiße Brot mit Wasser, damit es seine glänzende Oberfläche bekam. Für uns Kinder gab es auch manchmal einen “Raachkucha” (Rauchkuchen). Die Mutter hatte ein Stück Brotteig zu einem Fladen ausgewalkt und vorne im Backofen mitgebacken.
Die Teigreste im Kübel wurden zusammengekratzt, zu einem ovalen Laibchen geformt und auf dem Teigbrettchen für die nächste Gebäcke aufbewahrt.
Gab es beim Bauer reines Roggenbrot (rein Kä(r)na Bruut) mußte bei den Kleinbauern das Roggenmehl oft mit Gerste oder Gerstengemenge gestreckt werden. Die Ansicht, daß Mehl aus der Steinmühle saftigeres Brot gäbe als das aus der Walzenmühle dürfte kaum seine Richtigkeit haben.
Nicht immer ging das Brot backen so einfach wie hier geschildert. Es gab manchmal recht böse Überraschungen. Da hatte alles gut geklappt, das Brot war schön gebacken, doch als man es anschnitt, leuchtete das Innere so schön blau. Die Bauern und die kleinen Mühlen hatten noch keine modernen Reinigungsgeräte, so blieben oft Unkrautsamen im Mahlgetreide. So war diesmal “Klappertopf” im Getreide gewesen, der die blaue Farbe verursachte. Giftig war er nicht und uns Kindern schmeckte dieses Brot genau so gut, wir waren mit "Gutslan[7]" nicht verwöhnt worden.
Vor dem ersten Weltkriege konnte man in manchem Roggenfelde, bei uns sagte man im Kornfelde, den gelb blühenden “Kloffr” (Klappertopf) sehen. Mit den besseren Reinigungsmaschinen war er dann ausgerottet.
Schlimmer war es, wenn in der Getreideernte Nässen dem Korn geschadet hatte. Da säuerte der Teig schlecht und wollte nicht aufgehen. Als kleineres Übel hatte das Brot dann ein schmales oder breiteres Wasserstreifchen. Es konnte aber auch passieren, daß das Innere dann ein zäher Klumpen war, für den Menschen ungenießbar. Für den "kleinen" Mann war das dann eine böse Sache, hatte er nicht das Geld um trockenes Mehl zukaufen zu können.
Nach dem Brote waren die Kartoffeln das wichtigste Nahrungsmittel. Gekocht als Schälkartoffeln aßen sie alle gern, sofern richtig Butter und Quark dazu waren. Fragte man jemand, "woos goos’n heite bei eich zum Mettichassa[8]?”, konnte man die Antwort bekommen: “Rabhühnlan”, womit die Schälkartoffeln gemeint waren. "Stompa(r)däppl” mit “Griefa" (Stampferdäpfel mit Grammeln) waren bei jung und alt beliebt .Was konnten unsere Frauen aus Kartoffeln nicht alles zubereiten! Die “A(r))däpplsoppe”, gut zubereitet, schmeckte auch dem verwöhnten Gaumen. Die “Näältoscha” bekamen ihren Namen von den Nageltaschen der Zimmerleute. Aus rohen geschälten und geriebenen Kartoffeln mit etwas Mehl und Salz gemischt, wird ein loser Teig bereitet. Auf der Herdplatte, die mit Speck eingefettet wurde, wird er in handtellergroßen dünnen Scheiben ausgebacken. In kleinere Stücke zerrissen werden sie in einer Schüssel mit brauner Butter und Milch angemacht. Man nannte die Näältoscha auch “Tomme Jonga”.
Den gleichen Teig in die gut gefettete eiserne Pfanne gegossen und im Bratrohr ausgebacken war die "Schlietabohne[9]”. Wie die zu ihrem Namen kam entzieht sich meiner Kenntnis. Denselben Teig mit mehr Mehl und Hefezusatz ergab die “Hefaschlietabohne”. Auch zu “Puuzakließlan[10]”, “A(r)däpplnudln”, “A(r)däpplknödel” und “A(r)däpplplatzka” waren Kartoffeln der Grundstoff.
Zur Abwechslung in der Kost gab es aus Mehl und Milch die “Roffkließlan[11]” (Hefeknödel), die man auch “Sobotabumma” nannte, weil sie in der österreichischen und tschechischen Armee auch die Soldaten zur Abwechslung der Kost bekamen. Sie waren mit Marmelade gefüllt und schmeckten wie die “Saml-” (Semmel-), Kartoffel- und Speckknödel, die “Powidla-“ (Pflaumenmus), “Kerscha-“ (Kirschen-) und Appltoscha, sowie zur Pflaumenzeit die “Pflaumakließlan” sehr gut.
Sonntags gab es die “Hefakließlan”. In der eisernen Pfanne wurden sie als große “Buchta” oder als kleine “Buchteln” “gebrott”. Je nach Füllung unterschied man Mohn-, Powidla-, Quarkkließlan u.a. Uns Kindern schmeckte am besten eine Füllung aus “Pfaffrkucha” (Lebzelt) und “Domaszockr” (gelber Rohzucker).
Von anderen Speisen die gekocht oder gebrott wurden hier eine kleine Auswahl:
Milchreis mit geriebenem Lebzelt und Rohzucker bestreut, Graupen, Erbsen, beide zusammengemischt nannte man “Rietscher”. Griespappe mit Zucker und Zimt bestreut und gekochter Hirse mit Backpflaumen wurde nicht verachtet - und viele andere. Als Auflauf bezeichnete man die “Summrkließlan” oder die"Pitzbawe", zu der man die erste Milch nach dem kalben einer Kuh verwendete.
Von"Gebräten” wären unter anderem das Reis- Kerscha- und Pflaumagebräte zu nennen.
Von den vielerlei Suppen seien auch nur die meist gekochten erwähnt:
Die Kartoffel-, Reis-, Gries, Knötla- (Reibgerstel) und Einbrennsuppe. Einem verkorksten Magen half die “Pfaffrwossrsoppe” (Pfefferwassersuppe) in der auch der Knoblauch nicht fehlen durfte. Die beliebteste war aber die Pilzsuppe, ob von frischen oder getrockneten Pilzen. Pilze wuchsen in unseren Wäldern genug. Gesammelt wurden hauptsächlich die Herren- oder Steinpilze. Bei uns bezeichnete man die kleinen, in den Fichtenschonungen gefundenen, als Herrnpilze, die großen aus den Hochwäldern an steinigen Hängen waren Steinpilze. Beliebt waren auch die "Relcha" (Eierschwammerln) die geschmort zu Kartoffeln ein Leckerbissen waren. Als Suppenpilze nahm man noch Rotkappen und Birkenpilze, fand man nicht genug Herrnpilze, alle anderen fanden keine Beachtung, nach dem Grundsatz “was der Bauer nicht kennt ißt er nicht”. Von frischen Pilzen wurde Suppe mit Milch gekocht, von getrockneten mit Einbrenne. Von letzteren wurde ein Vorrat für Weihnachten aufgehoben. Nach altem Brauch sollen am hl. Abend neunerlei Gerichte auf den Tisch kommen, dabei darf die Pilzsuppe nicht fehlen.
Weihnachten war auch die Zeit der Striezel. Bei uns war es üblich daß jedes Mitglied der Familie, sofern sie es sich leisten konnte, einen eigenen Striezel bekam. Ob es heute noch eine Hausfrau gibt, die Striezel in heimatlicher Art machen kann? Schon das Anrühren des Teiges erforderte die ganze Aufmerkamkeit. Er mußte die richtige Dichte haben, mußte richtig gewürzt und mit Rosinen durchsetzt sein. Nun mußte er aufgehen bis er zum zerteilen für die "Zöpfe” richtig war. Die einzelnen Teile für die Zöpfe wurden dann mit den Händen ausgewalkt und dann zusammengeflochten. Je nach der Größe der Striezel, die zwei bis 4 Zöpfe hoch sein konnten, mußten auch die Zöpfe der Striezel stärker oder schwächer sein. So wurden sie dann vom stärksten bis zum letzten, der nur aus zwei Teilen gedreht war, aufeinander gesetzt.
Es erforderte Geschicklichkeit, den Striezel in die entsprechende Form zu bringen.
Waren sie soweit, mußten sie aufgehen. Die Hausfrau paßte auf, daß sie nicht zu wenig oder schon zu sehr aufgegangen waren, wenn sie in den vorgeheizten Backofen geschoben werden sollten. Es konnte sonst passieren, daß sie speckig wurden oder sie gingen auseinander und verloren dann ihre schöne Form. Waren sie mit der Striezelschosse in den Backofen geschoben, hieß es auf die richtige Hitze aufpassen, daß sie nicht verbrannten, sondern die schöne braungelbe Farbe erhielten. War alles gut gegangen, die Striezel aus dem Ofen auf Bretter gelegt und mit Zuckerwasser bestrichen, daß sie eine glänzende Oberfläche bekamen, waren sie eine Augenweide und die Freude der Hausfrau. Das Striezel backen war eine Kunst- wie auch das Kuchen backen, von dem nachstehend noch etwas geschrieben werden soll:
Wie ging es beim Kuchen backen zu? In den großen irdenen Schüsseln, den “Punzlschüsseln” (Bunzlauer) wurde der Teig angerührt, nur nach eigenem Rezept gewürzt und zum aufgehen warm gestellt. Unterdessen wurden die Kuchenbretter auf zwei Bänke gelegt, mit dem für die Kuchengröße zugeschnittenen Papier belegt und eingefettet. War der Teig aufgegangen, kam auf jedes Blatt ein Klumpen Teig entsprechend der Größe des Kuchens. Diese wurden dann mit dem Nudelwalker zur Größe des Kuchens ausgewalkt. Ehe der Kuchenbelag auf den Teig kam, wurde der Rand mit Eigelb bestrichen. Den Kuchenbelag hatte man schon die Tage vorher vorbereitet. Der beliebte Mohn in Wasser aufgekocht, war in der “Mohnpletsche” mit Milch gerieben worden. Die Mohnpletsche war eine irdene geradwandige Schüssel, innen unglasiert und mit Rillen im Boden. Zum reiben benutzte man die “Mohkeile” (Mohnkeule), auch Mohnreibe genannt. Es war ein ungefähr 50 cm langes, aus hartem Holz (Ahorn) gedrechseltes Holz, das am unteren Ende verdickt war. In letzter Zeit hatten hin und wieder Mohnmühlen ihren Einzug gehalten, oder man ließ sich ihn beim Händler mahlen. So fein und gut wie der in der Mohpletsche geriebene wurde er nicht und man griff wieder zur alten Mohnpletsche wenn der Kuchen recht fein werden sollte. Auch das würzen des Kuchenbelages, auch nach hauseigenen Rezept vorgenommen, war eine heikle Sache. Keines der Gewürze durfte besonders hervorstechen und für jede Sorte von Belag gab es zumeist andere Gewürze. In dieser Hinsicht stellte manche Hausfrau jeden Bäcker in den Schatten.
Außer Mohnkuchen gab es auch andere, wie Quark-, Pflaumenmuß-, Käse- und überall den Streuselkuchen. Solcher Zuckerstreusel kam auch auf die anderen Belege der Kuchen oder solcher aus geriebenem Pfefferkuchen mit Rohzucker vermischt.
Zu Festzeiten, wie Hochzeit, Fahrt und Kirchweih, wurden oft große Mengen solcher großer runder oder länglicher Kuchen gebacken. Auch die kleinen böhmischen Küchlein hatten teilweise Eingang gefunden. Wer diese Kuchen noch gekannt hat, dem wird das Wasser im Munde zusammenlaufen wenn er davon liest, denn mit den Kuchen von den hiesigen Bäckern haben sie nur den Namen, aber nicht den Geschmack gemeinsam.
Das Brot-, Striezel- und Kuchen backen habe ich so einigermaßen von meiner Mutter in Erinnerung - ob ich es auch recht geschildert habe?
Zur Ernährung gehören auch Gemüse und Fleisch. Die Gemüsekost werden die meisten erst in der neuen Heimat kennengelernt haben. Bis auf Kraut, Weißkohl oder Kaps[12] wie es hier genannt wird kannten sie, bis auf wenige, nur noch Gurken und etwas Suppengemüse. Wenn im Sommer die tschechischen Bauern ihre Gurken auf den Markt in Reichenau a. Kn. brachten, kauften sie die deutschen Gebirgler sackweise und im Oktober dann das Kraut zentnerweise (bei uns war der Zentner ja 100 kg). Von diesem mußte ja fast in jeder Familie in kleineres oder größeres Faß eingeschnitten werden, das dann als.Sauerkraut das andere Gemüse ersetzen mußte. Vielleicht kennt noch jemand die Krautsuppe oder die Krautkließlan.
Als 1938 die Grenze zur Tschechoslowakei gesperrt war, konnten sich die Menschen ihren Bedarf an Kraut nicht auf dem Markte in Reichenau decken. Für die Gemeinden Bielei und Hlaska bestellte ich deshalb einen Waggon über das Ernährungsamt in Grulich. Es war aber Ende November ehe dieser eintraf. Aus Angst hatten sich die meisten ihren Bedarf schon auf dunklen Pfaden eingedeckt. Die Tschechen wollten ja ihr Kraut auch los werden.
Wie unsere Menschen zum Gemüse standen, bezeichnet ein Ausspruch einer Frau, als im Kriege die Gemüsezuteilungen kamen – sie hat zu meiner Frau im Geschäft gesagt: “was sollen wir denn mit dem Ziegenfutter”. Vielleicht hat sie sich in der neuen Heimat daran gewöhnt.
Der Fleischverbrauch war bei uns auch recht klein. Nicht einmal alle Sonntage kam es auf den Tisch. Ausnahmen bildeten die Festzeiten, wo auch bei den “kleinen” Leuten nicht gespart wurde. Selbst bei den Bauern die Schweine schlachten konnten wurde mit Fleisch gespart. Man war es von den Kriegszeiten her so gewohnt, und in der Tschechenzeit gab es keinen Verdienst der zum Prassen veranlaßt hätte. Als im Reiche wieder Verdienst wurde und auch die alten Leute eine kleine Rente erhielten, konnten sich auch unsere Menschen nach der Zeit der Einschränkungen etwas mehr leisten. Der Fleischverbrauch nahm zu, und selbst Gemüse fand seine Liebhaber, weil es mit Fleisch, Speck oder Fett auch gut schmeckte.
Und noch ein Nachtrag zum Kraut einschneiden:
wie aus dem schon vorher Geschilderten zu ersehen ist, handelte es sich durchwegs um größere Mengen, die zu Sauerkraut verarbeitet wurden. Das schneiden mit Messern war da nicht, und mit dem schon bekannten Krauthobel nur mit großer Mühe zu schaffen. Da hatte sich ein findiger Kopf in unserem Dorfe Gedanken darüber gemacht, wie man das bequemer und leichter schaffen könnte. Und er schaffte es:
in einem geschlossenem Gehäuse auf vier Beinen hatte er eine Holzscheibe angebracht. In diese waren Schlitze eingeschnitten über denen Messer wie beim Krauthobel angebracht waren. Die Welle konnte mit einer Kurbel an der Rückwand, wie bei einer Leier, gedreht werden. An der Vorderwand war eine Ausnehmung vor der Scheibe mit den Messern und ein vorgesetztes Kästchen, in das man den Krautkopf legen konnte. Wurde die Kurbel gedreht und der Krautkopf gegen die Messer der Scheibe gedrückt, schnitten die Messer das Kraut ohne große Mühe schnell und fein.
Der jeweilige Besitzer dieser “Krautleier” besorgte allen, die ihn verlangten, das Krautfeinschneiden gegen ein kleines Entgeld. So zog er zur Krautzeit, mit der Leier auf der “Trocharodwer” (Schubkarre) von einem zum anderen, meistens in der Abendzeit. Wie mir ihr letzter Besitzer sagte, hat sie sein Onkel selbst gebaut. Der war zwischen 1860 – 70 geboren. Außer den Messern war kein Metallteil an ihr.
Von den Menschen und ihrem Leben im Adlergebirge
Kommentar zum Bericht des J. Mestan / Bielei von Dr Elfriede Baars, März 2020
Meine Hinweise dazu:
Seite 1 der Autor spricht oberglätzisch Es ist Josef Mestan aus Bilei, ehemals Gemeinderat, später wohl Ortsbetreuer. Ich habe seinen Bericht, hier sind es die 1. 7 Blätter vor ca 10 Jahren gelesen, Erich Walenta hatte sie mir gebracht. Helga Venohr Nachrichtensammlerin westlich Vorberge hat es nun, macht auch Bilei mit, muss es mitmachen, da sich leider kein Ortsbetreuer fand. Ernst … Gr St. , dessen Mutter aus Bilei stammt, hatte es sich ausgeborgt, es ihr gebunden zurückgegeben. Das ganze müsste doch auch in Waldkraiburg unter Bilei sein.
Wollschal- das Dialektwort fällt mir nicht ein, wurde nur um Kopf und Hals geschlungen.
Ketze –war ein zu Dreieck gefaltetes dichtes Wolltuch, das über Kopf und Schultern getragen wurde, nur noch alte Frauen. Wie Russenbabkas.
Schuhschmiere- ja das war so
Kübelsauersuppe: Das haben wir in der Mühle bis 1945 morgens gegessen und wie erstaunt war ich, als ich las, dass das in andren Orten üblich teilweise noch war. In unserer Gegend nicht. Wir buken auch für die Mühlgäste, die keinen eigenen Backofen hatten, Brot und hatten frischen Sauerteig. So habe ich das alles erlebt, auch das Kuchenbacken zu den Feiertagen, mit geholfen und geschmiert. Der Duft des Brotes und des Kuchen - unvergleichlich. Ich ging, wenn das Brot aus dem Ofen war, noch heiß, nahm ein Messer und schnitt mir einen Ronka ab und dann ordentlich Butter drauf, die zerlief--- mmm! Die Kinder von Pietschberg oben holten Brot, wenn es noch nicht fertig war, warteten sie und wir spielten solange Karten oder würfelten etwas, dann trugen sie das Brot heim, eine Freundin schrieb mir vor einigen Jahren aus Amerika – Kentucky, dass sie oben am Berg sich erst mal über das frische, köstlich duftende Brot hermachten und es halb aufaßen.
Rezept der Kübelsauersuppe: ein Klumpen Sauerteig wird mit Roggenmehl verquirlt und in kochendes Wasser eingerührt. Auf die fertige Suppe wird zerlassene braune Butter gegossen und das ganze wurde mit Brot oder Schälkartoffeln gegessen.
Gutsla = etwas Gutes, Naschwerk
Seite 4 Wasserstreifen in Brot - wir sagten des Brot ist schliefig. Das habe ich einmal erlebt, nach Sommer 1941, 1942 oder 1943, verregnet, Getreide wuchs aus, Missernte.
Mettichassa = Mitagessen
Die Gerichte bestanden aus Mehl oder Kartoffeln oder beiden, auch Hülsenfrüchte Erbsen, Linsen, Hirse, Reis (Herschekraut) in der Pfanne gebacken, wie auch Reispfanne wurden viel verzehrt.
Schellkellan- Das waren Stampfkartoffeln zu einem Teig verknetet, zu einem Strang gewolchert, ausgewalkt, in Stückchen geschnitten, auf dem Blech in der Röhre aufgebacken und mit Butter geschwenkt machte meine Mutter oft, auch Liwanzen..
Rabhühnla- Rebhühner wegen brauner Kartoffelschale, tomme Jonga-dumme Jungen ist aber was anderes.
Schlietabohne = Schlittenbahn
Puuzakließlan, Zolkrkließlan oder Zolkrbumma genannt, das waren gekochte Klößchen von rohen Kartoffeln, mit dem Löffel abgestochen, dazu gab es rösch gebratenes Fleisch oder nur zerlassenen Speck zusammen gerührt mit Sauerkraut oder Bairisch Kraut, wohlschmeckend und sättigend. Auch die Tschechen kannten das, es nannte sich klupate knedliky und war eigentlich nur in Ostböhmen bekannt.
Puza odr Zolkr –das meint faserig, wie eben faserig zerzupfte Wolle
Platzka = sicher Lehnwort aus dem Tschechischen, also platte Kuchen mit und ohne Auflage aus Mehl oder Kartoffeln.
Vorfall: in Katscher kam einmal ein Junge zu spät in die Schule. Der Lehrer fragte ihn. Da sagte der Junge, der nun erst hochdeutsch lernen musste: ich musste zu Rechter Bästln die Plätzken trägen! Eigentlich: ich mussten zu Rechter Basteln( Sebastian Nefe-Vorfahr mal Richter gewesen, Übername des Hauses) Das erzählten sich die Leute noch Generationen danach.
Roffkließlan sagten wir zu mit Mehl angerührten gekochten Klößchen. Der Autor meint aber Hefeknödel, die auch gekocht werden, gefüllt mit Marmelade noch besser mit Povidel-die berühmten östr. Germknödel oder Povideltatschkerln Lied Peter Alexander
Bumma, Bumme- das ist ein Klumpen wie eben dieser Knödel groß ist, aber eben kompakt, nicht wie Puza.
Buchte- die Buchte war ein Hefeteig, gefüllt mit allem süßen, auch mit Kraut im Herbst und wurde in der gußeisernen Pfanne im Rohr gebacken. Im brunschensgten sie zu Guglhupf Pulverbichte. Das Pulver gemeint Backpulver. Während Kließla was abgekochtes ist. Auflauf auch damals in der gußeisernen Pfanne und eine Wissenschaft für sich, ob er stockt, oberes Rohr ? unteres Rohr? Mit Milch und Eiern verquirlt und drin, Semmelbrocken, im Sommer Früchte, meist Kirschen-Kirschpfanne auch in Deutschland bekannt.. Pietzmilch ist Auflauf, besonders fett, da von der 1. Milch nach dem Kalben. Pitze ist Dialektwort für Muttermilch. Spruch: „dam war ich Pitze gaan“.d.h. „dem werde ich es geben“, Androhung.
Zu Auflauf sagte man bei uns und früher überhaupt Gebräte- drin steckt das Wort, dass es im Ofen gebraten wird.
Suppen: Da zählt er richtig alles auf, aber es fehlt noch die mit Dörrobst, das aufgeweicht als Suppe gemachte, drin wahlweise kleine Nockerln, wir sagten Knetlan.-Knötchen.
Seite 6 Mohnpletsche –so hieß das nicht, aber mir fällt der Name nicht ein. Eine Pletsche ist eigentlich ein flacher Topf, ein Kasserol, ein kleiner, das Pletschla. Das meist für zerlassene Butter benutzt wurde. In den geriebenen Mohn kam vor allem Zimt und Zitronenschale rein und Zucker, Milch.
Gemüse und Fleisch- das würde ich so nicht sagen.
Es war nicht üblich, Fleisch zu essen. Das gab das damalige Leben auch bei Bauern nicht her. Zu den Festen ja, da wurde aufgetischt. Es gab viele Mehlspeisen und nur sonntags Fleisch. Später erst nach 1938 wurde nach dem Schlachten eingekocht.
Ansonst haben auch die Häusler 1-2 Ziegen gehabt und das Lämmchen im Frühjahr wurde geschlachtet. Man hatte Geflügel und Kaninchen, auch wurde nicht selten gewildert. Bauern hatten eigene Jagd. Zur Kirmes gab es immer Hasenbraten bei uns.
Zentner 50 kg Meterzentner= 100 kg - wir sprachen nur von Meterzentner. Auch wurde nur kg und deka gesagt.
Seite 7 nicht ganz stimmig.
Elfriede
[1] Mädchen, Kleidchen, Fleisch, Bein, Sieb
[2] hüben, drüben, oben, unten, hinten, vorne
[3] Kopftuch
[4] Ketze – ein zu Dreieck gefaltetes dichtes Wolltuch, das über Kopf und Schultern getragen wurde
[5] sehr starker Ostwind
[6] Aschenfaß- Mann
[7] etwas Gutes, Naschwerk
[8] Mittagessen
[9] Schlittenbahn
[10] gekochte Klößchen von rohen Kartoffeln
[11] mit Mehl angerührte gekochten Klößchen
[12] Kaps = Weißkohl