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Wilhelm Stepke: Unser Anfang in Bärnwald, 1908

 

 

Conclusio des Originaltextes.                                                                Aus Kurrent übertragen von KSt, 2013

 

Der Vater (Anton) starb 1902, Bruder Rudolf hatte die Wirtschaft Nr 15 ( 14 ha, Sonnenseite) von seiner Mutter (Anna Tasler) in gutem Zustand 1907 übernommen.

Wilhelm war nach dem Militärdienst 1907 mittellos, hatte aber bereits ein lediges Kind (Rudolf, meinen Vater) mit Marie Wenzel (im Text ebenfalls als „Mutter“ bez.).

Wilhelm hatte 3000 FL geerbt.

Bruder Rudolf musste f. d. Nr 15  2000 FL bezahlen: 1000 konnte er sich „abrechnen“ (?), 1000 war die Mitgift seiner Frau (Marie Finger).

Wilhelm kaufte 1908 die Wirtschaft Nr 58  ( 16 ha, Winterseite) von Amand Matzke teilweise mit Schwarzgeld um 6000 FL. Er hat dies später bereut, da der Grund schlecht war.

4000 FL zahlte er in Bar: 3000 war sein Erbe, 1000 war die Mitgift von seiner Frau – sie brachte auch noch etliche Möbel, Hausrat sowie 1 Kuh & 1 Kalbin mit in die Ehe.

2000 + 1000 (für Unkosten & Einrichtung) blieb er schuldig: das machte pro Jahr 80 FL an Zinsen, was wiederum dem Wert v. 2 Schweinen entsprach. Von den  Schulden selbst (also 3000 FL) konnte er bis zum Krieg nichts zurückzahlen.

Trotzdem kaufte er vor dem Krieg das 10 Metzen große“Sagnerfeld“ bei einer Versteigerung, mit guter, roter Erde für den Erdäpfelanbau um 1200 FL. Das Geld dafür borgte ihm seine Mutter zinsenfrei, jedoch musste dieses Geld nach ihrem Tod zurückbezahlt werden.

 

Der restliche Text beschreibt detailliert den Ackerbau, speziell den Flachsanbau.

 

 

 

Ãœbertragung aus Originaltext / Kurrentschrift v. K. Stepke, 2013:

 

Als ich meine 3- jährige militärische Dienstpflicht 1907 beendet habe, musste ich mich um meine Existenz umschauen. Ich konnte meiner Mutter in der Ausnahm nicht lange zur Last fallen. Mein Bruder Rudolf hatte die Wirtschaft (Nr. 15) übernommen, obzwar meine Mutter noch 3 Jahre Wirtschaftsrecht hatte. Da meine Schwägerin wieder in Hoffnung war hatte meine Mutter nachgeben müssen. Für mich wäre es besser gewesen, wenn Mutter noch gewirtschaftet hätte.  So musste ich mich begnügen im Stübchen der Mutter einige Einrichtungsgegenstände zu nehmen.

 

Außer ein paar Tageslosungen bei Bruder Josef hatte ich kein Geld. Und meinen Erbteil konnte ich nicht angreifen, obzwar ich wohl großjährig (damals 24 Jahre) war. Ich habe nur 1 brauchbaren Anzug und kein Geld. Die Mutter hatte genauso viel geerbt wie ich und uns sehr geholfen. Rudolf hat die Wirtschaft welche in gutem Zustand war für 2000 FL übernommen. Und 1000 konnte er sich abrechnen, mit (von) seiner Frau bekam er 1000, somit war er schuldenfrei. Der Grund war viel besser als bei uns und trocken. Unsere Wirtschaft war wohl 2 Ha größer aber außer 4 Äcker weißer Sand und naß, und wir hatten 3 Ha schönen Wald. Ich hab wohl mehrere Wirtschaften angeschaut in Böhmenischen  Petersdorf, in Lichtenau, in Wölsdorf, in Katscher . In Lichtenau waren 40 Metzen, ein schmaler Streifen ging weit hinaus, Haus annehmbar. Preis 5000 FL und war nichts dabei als Mist. Diese Wirtschaft hatte uns Mutters Onkel, Oberlehrer i.R. als sehr gut angeraten.

Nun war die Wirtschaft in Bärnwald zu verkaufen, nun war ich mit Matzke in Verhandlung. Das war im Februar, war alles in Schnee konnte nur Haus ansehen und Grenze begehen.

Die Wirtschaft war auf der Winterseite. Vor dem Wald waren 5 Felder, die waren nicht schlecht bis auf 2 kleine Äcker. Die hinteren Felder konnte man von uns aus nicht sehen, die waren nass und weißer Sand. Ich war in Ribnei auf Besuch, da kam mein Bruder Rudolf und brachte die Post, dass Zimmer Franz‘ Schwiegersohn  die Wirtschaft kaufen wolle. Ich solle sofort heimkommen. Der Zimmer war der Nachbar von Matzke von dem ich die Wirtschaft kaufen wollte. Nun dachte ich, wenn der die Wirtschaft kaufen will muss er selber doch kommen als Nachbar. Da kann ich sie auch kaufen. Als ich von Matzke einmal heim ging aber nicht gekauft hatte begegnete mir mein Cousin Neugebauer Franz, ein sehr gescheiter Bursch .  Er fragte, ob ich gekauft habe und fragte nach dem Preis: 6000 FL. Er sagte, dann kauf nur schnell, die ist ja billig. Auf das hin habe ich dann die nassen Parzelliche  gekauft, was ich später bitter bereute. Nun ich hatte halt damals wenig Erfahrung und meine Brüder haben sich nicht um mich gekümmert die hätten  mir können mit Rat beistehen, auch haben sie mich beim Militär mit keinem Heller bedacht. Auch nicht im Urlaub welcher bloß 2x im Jahr war. Manche Kameraden erhielten hin und wieder von Bruder oder Onkel einige Kronen. Die Mutter schickte mir hin und wieder das erste Jahr Geld. Später kam ich so aus.

 

Nun sind wir übersiedelt. Habe Mutter geholt mit ihrer ganz guten Ausstattung und haben angefangen zu wirtschaften. Beim Kauf haben wir nicht die ganze Summe angegeben wegen der hohen Taxen. Wir hatten 2000 FL Schulden und überall und alles fehlte. Denn Matzke hatte keine Kinder und hatte alles hängen lassen. Als einziges waren Maschine und Gögel (?) neuwertig, sonst alles bis zum letzten verbraucht. Dem Matzke hatte man den Bauer nicht angesehen. Kein Bauer im Ort hatte einen Sommerüberzieher wie Matzke und Herr Lux.

Da habe ich mir gedacht, kann die Wirtschaft nicht schlecht sein, außerdem hatte er immer eine Magd und einen Knecht. Und hatten eine Ziehtochter, mit welcher sie großes Wasser machten. Die hat einen Bauern geheiratet, welcher auf eine schöne Mitgift gehofft hatte, man hat aber von einer Mitgift nichts gehört.

Nun hatten wir uns häuslich halbwegs notdürftig mit Mutter’s Ausstattung eingerichtet. Ich hatte ja außer alten Kleiderkasten und anderem Alten keine Ausstattung. Mutter hatte 1000 FL und eine Kuh und eine Kalbin und ich hatte 3000 FL. Uns verblieben nach der nötigen Einrichtung und sonstigen Unkosten 3000 FL Schuld, welche sich Matzke natürlich verbüchern ließ. Waren also 80 FL Zinsen. Da mussten wir alle Jahre 2 Schweine füttern. Einmal konnte ich die Zinsen zur Zeit nicht zahlen, so bat ich um Stundung. Da räusperte er sich und bließ ein wenig durch den Bart und meinte „na zahlst mir halt Verzugszinsen“. Sie machten genau 35 Kr aus. Von den Schulden konnten wir bis zum Weltkrieg keinen Kreuzer bezahlen.

Vor dem Weltkrieg kauften wir das Sagnerfeld bei der Versteigerung um den Ausrufungspreis da keine Interessenten da waren. Hätten es vielleicht billiger haben können, konnten es aber dem Sagner nicht antun. Das Feld war 10 Metzen und war roter Boden und ein gutes Feld und konnten Erdäpfel anbauen da wir auf unserem Feld nur 4 Felder hatten wo Erdäpfel gebaut werden konnten. Das Feld kostet 1200 FL samt Gebühren. Dieses Geld hat uns meine Mutter vorgestreckt, brauchten keine Zinsen zahlen, mussten aber nach Mutters Tode das Geld zurückzahlen.

Im Jahr 1908 war ein spätes Frühjahr und wir sind am 3. Mai das 1. Mal eingespannt und da lief uns das Wasser beim Hafer einackern in der Furche nach. Die Feuchtung (?) war auch danach. Das Jahr war kurz. Zu dieser Kirchweih (Kaiser- Kirchweih) (15. Aug. ?) waren wir mit dem ackern  fertig. Die Schwägerin war zur Kirchweih bei uns auf Besuch, und die gingen Montag heim, da war’s über Nacht gefroren und fing an zu schneien , da musste noch einmal soviel Arbeit gemacht werden als auf rotem trockenen Boden, von zu Haus war ich das nicht gewohnt. Bei uns zu Haus war der Boden nicht rafig (?).

 

Wir hatten einen 8 – jährigen Turnus: Korn, Flachs, Hafer, Erdäpfel, Wicken, Hafer,  Klee. Klee war nur einschirig (?) ich musste oft 2x hintereinander Hafer bauen, das war nicht gut. Der Klee blieb 3 Jahre liegen, da waren auch die Brachen verwachsen da musste 2 (?) feucht grissen werden mit Kultivator, dann 4 – 6 Striche geeggt werden, dann noch mal 2x reißen, je nach Witterung 6 – 8 Striche eggen, dann konnte Mist gefahren werden wenn er verdorrt war. Regnet es aber so musste von frischem angefangen werden. Beim eggen hatte man einen Strick an der Egge und da musste man bei jedem Schritt rühren, die Egge musste wiegen, wenn das Pferd einen guten Schritt hatte tat man sich leichter. Ich hatte nun die Hände voller Blasen von dem ewigen rühren. Wenn der Mist eingeackert war blieb er einige Zeit liegen bis er gefault war wurde abgeeggt und wieder gut durchgerissen und wieder einige Male geeggt. Kam aber eine Regenzeit vor dem Anbauen (24. Aug. wurde das erste Korn gebaut) musste wieder von vorne begonnen werden. Dann wurde aufgeackert, 2 od 4 Striche vorgeeggt und angebaut, 2 Striche eingeeggt. Im Herbst waren sogar die Hafer…fleckerl (??) vergrast, sodaß man selber reißen musste. Es konnte natürlich im Herbst nur 1x geackert werden, im Frühjahr mussten die Äcker vorher gerichtet werden, dann begann der Anbau.

Da mussten oft 4 Strich gemacht werden und hin und wieder gerissen werden, je nach Beschaffenheit des Ackers, dann wurde gebaut. Wir bauten 12 – 15 Hektoliter Hafer, der wurde eingeackert und erst abgeeggt bis er eingewurzelt war ( ca 8 Tage).

 

Der Lein wurde später gebaut, Anfang Mai, sodass er bis 15. Mai heraus kam. Der Lein sollte immer in 3 – 4 Tagen heraußen sein und schön grün herauskommen. Blieb er länger und kam gelb heraus das war schon schlecht. Machte es nach dem Bauen einen groben Regen, dann kam er gelb heraus und war im Wachstum sehr behindert. Wenn angebaut war mussten Beete gezogen werden mit dem Beethaken. Die waren 160 – 180 cm breit, das war wegen dem jäten und dem raufen.

Im Flachs durfte kein Unkraut sein. Beim raufen musste jeder ein Beet nehmen und wenn ein tüchtiger Vorraufer war da hatten die Hinteren nichts zu lachen. Der Flachs wurde beim raufen geschränkt und in Häufeln gesetzt, dann wurde er zum dürren entweder aufgebreitet oder wegen Samengewinnung aufgestellt. Nach etwa 14 Tagen je nach Witterung an Stricke gebunden (Strohseile durften nicht verwendet werden, denn es durfte kein Stroh zum Flachs kommen) und hereingefahren und entknotet und wieder hinaus aufgebreitet zum Rösten. Wenn der Flachs auf einer Seite genug geröstet war musste er umgedreht werden und wenn es länger regnete musste man oft bei Regenwetter umdrehen damit er nicht verröstet sonst verlor er Faser und Gewicht. Wenn der Flachs stark verröstet war, kauften die Händler ihn bloß als Werk. Bei meinem Vater (noch vor der Jahrhundertwende) wurde der Flachs noch selber in den Dörrhäusln angebracht, da wurde in der Woche 2x gebracht, da waren 12 – 14 Brecherinnen da wurde um 2 h in der Früh angefangen, und um 4h musste die Dörrstube leer sein da wieder eingesetzt werden musste.

Der gebrachte Flachs wurde in Kloben gebunden und die Brecherinnen wurden nach den Kloben bezahlt, sie verdienten 42 – 52 Kreuzer. Schlechte Brecherin verdiente noch weniger. Ausgebracht wurden 35 – 50 Kloben. Bevor der Flachs in die Breche kam wurde er zuerst gerummelt, das war eine Art Maschine mit Holzwalzen mit Fugen. Dazu waren 3 Leute nötig: 1 Einlasser, 1 Rummler, 1 Wegnehmer. Der Flachs wurde in der Rummel so lange hin und her geschwungen bis er weich war, ca 12 – 14 mal. Ein Kloben hatte 42 Reste (Handvoll) im Brechschupfen war beim brechen so viel Staub dass einer den anderen kaum sah und die Brecherinnen waren kaum zu erkennen.

Als meine Mutter das letzte Mal bauerte baute sie Flachs wo keiner hin gehört hätte. Sie hatte Glück – der Flachs gedieh. Sie hat dann für den gebrachten Flachs 780 FL eingenommen. Die Wirtschaft war 24 Joch nach dem damaligen Weizengries hätte das 78 Doppel Zentner Weizen ausgemacht.

Nach dieser Zeit hatten die Bauern nicht mehr selbst gebrecht ( 1902 – 1903) Man hatte ein anderes Flachsbrechhaus gebaut da wurde der Flachs mit Dampf gedörrt aber hat sich nicht lange bewährt, die Ursache kann ich nicht richtig angeben, ich glaube, dass da nicht viel die Halme so zusammengehalten haben wie im kleinen Dörrhaus.  Im Brechhaus wurde mehr Abfall als Werk. Gefeuert wurde mit Stockholz, alle 3 h musste nachgelegt werden, auch in der Nacht. In manchen Häusern war der Flachs nicht dürr, da schimpften die Brecher, da sie nichts verdienten. Wenn es windig war, war schlecht dürren. Den letzten Tag musste man die Tür von der Dörrstube langsam aufmachen sonst wäre der Flachs brennend worden, den letzten Tag konnte man vor Hitze in der Dörrstube nicht lange aushalten, es durften auch keine Halme herumliegen. Der Flachs war bei der Verarbeitung noch ziemlich warm.

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